Der Kalender 2011

Herausgeber: Denkmalpflegeverein Schleswig-Holstein e.V.

Gestaltung: habbe-fotografie, Gut Kluvensiek, studio@habbe-foto.de
Fotos: H. Dietrich Habbe, Ulrike Baer
Text und Redaktion: Dr. Bärbel Bischoff, Molfsee;
info@dr-bischoff-pr.de
Druck: Wachholtz Verlag, Neumünster
Beratung: Heinz-Otto Reese, Krummsee

Der Denkmalpflegeverein Schleswig-Holstein e.V. (Vereinsregister Kiel VR 3803) wurde im November 1995 gegründet und hieß bis 12.10.1999 Verein zur Pflege und zum Schutze von Kulturdenkmälern in Schleswig-Holstein e.V. Der gemeinnützige Verein will vor allem das Verständnis für die Erhaltung landwirtschaftlicher Kulturdenkmale in der Öffentlichkeit fördern. Er informiert Mitglieder und Interessenten u. a. über bautechnische Möglichkeiten und steuerliche wie finanzielle Erleichterungen. Damit leistet der Verein einen Beitrag, erhaltungswürdige und denkmalgeschützte landwirtschaftliche Bausubstanz vor dem Verfall zu bewahren. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist, die Sanierung von denkmalrelevanten Gebäuden und Anlagen zu betreuen, die von der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landschaft bezuschusst werden. Hierfür ist Voraussetzung, dass diese in einem Zusammenhang mit Land- und Forstwirtschaft stehen. Eine Auswahl betreuter und geförderter Objekte gibt dieser Kalender wieder.

Der Kalender 2011 erscheint im November 2010. 

Titelbild: Reetdacharbeiten an einer Scheune in Seestermühe, Kreis Pinneberg

Es ist eine Augenweide, versierten Reetdachdeckern bei der Arbeit zuzuschauen, vor allem, wenn das Wetter so gut mitspielt wie hier in Seestermühe in der Elbmarsch. Die frisch eingedeckte landwirtschaftliche Scheune gehört zum Bauernhof der Familie von Drathen, der im Vollerwerb bewirtschaftet wird. Neben Ackerbau ist die Rotbuntherdbuchzucht Haupteinnahmequelle. Die Zweiständerscheune von gut 500 qm Grundfläche stammt aus dem Jahr 1801 und wurde in Mauerwerksbauweise erstellt. Das große Dach verschlingt eine große Menge an Reet und ist daher eine teure Form der Dacheindeckung, auch wenn sie eine Lebensdauer von 100 Jahren und mehr haben kann. Ihr Brandversicherungsschutz verursacht deutliche Mehrkosten, ist aber aus denkmalpflegerischer Sicht oft ohne Alternative. Als einer der ältesten Baustoffe der Welt wächst Reet, hochdeutsch Rohr, als Schilf an See- und Flussufern oder auch auf sumpfigem Grund und wird in der kalten Jahreszeit geerntet. Die Reetbunde dürfen keinen Schimmel enthalten und müssen gut durchgetrocknet sein, bevor sie nach traditioneller alter Handwerkskunst auf den Dächern – vornehmlich auf dem Lande – Verwendung finden. Das Dach sollte schnell und trocken aufbereitet und gepackt werden, denn oberflächliche Feuchtigkeit verträgt das Reet gut, nur das Bundinnere muss absolut trocken sein, damit es nicht verrottet. Je nach Herkunftsland und dessen Klima weist das Reet verschiedene Materialeigenschaften auf. Je wärmer und kontinentaler das Klima ist, wie z.B. in Teilen von Ungarn, der Türkei oder Rumäniens, desto härter und damit langlebiger ist es. Drei Arten des Reetdaches werden unterschieden: Das gebundene Reetdach ist die Urform der Decktechnik und eher für weiche Dächer geeignet. Diese Art gilt als Vorläufer des genähten Daches. Das hat seinen Ursprung bereits im Mittelalter, braucht keinen Stangendraht, ist aber aufwendig in der Herstellung: Mindestens zwei Handwerker decken das Dach, während ein Dritter das Material herbeischafft. Das geschraubte Reetdach ist eine dänische Erfindung, die seit 30 Jahren in Dänemark, Deutschland und den Niederlanden verbreitet ist. Die Schraubtechnik ist eine moderne und zeitsparende Variante des gebundenen Reetdaches, denn es entfällt die Längsführung des Bindedrahtes hinter der Lattung und bei ausgebauten Dachböden muss die vorhandene Innenverkleidung oder Dämmung nicht entfernt werden.

Monatsblätter des Kalenders 2011

Januar 2011
Ehemalige Schule
Bovenau, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Februar 2011
Alte Schmiede vom Hof Viehbrook
Rendswühren, Kreis Plön

März 2011
Schloss Glücksburg
Kreis Schleswig-Flensburg


April 2011
Ehemaliger Marschhof in Averfleth
Kreis Steinburg

Mai 2011
Ehemalige Hofstelle in Quern
Kreis Schleswig-Flensburg

Juni 2011
Torhaus von Gut Krummendiek
Kleve, Kreis Steinburg


Juli 2011
Ehemaliger Angeliter Bauernhof
Markerup, Husby, Kreis Schleswig-Flensburg

August 2011
Wassermühle auf Hof Manhagen
Langwedel, Kreis Rendsburg-Eckernförde

September 2011
Kate auf Gut Stendorf
Kasseedorf, Kreis Ostholstein


Oktober 2011
Götzberger Mühle
Henstedt-Ulzburg, Kreis Segeberg

November 2011
Torhaus vom Gut Klein Nordsee
Felde, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Dezember 2011
Angeliter Landarbeiterkate
Grödersby, Kreis Schleswig-Flensburg

 
Januar – Ehemalige Schule in Bovenau, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Auf der holsteinischen Seite des Nord-Ostsee-Kanals, unweit der alten Güter Kluvensiek und Osterrade zwischen dem Zubringer zum Fährübergang Sehestedt und der Rendsburger Landstraße liegt Bovenau. Dieser Ort verbindet moderne Wohnsiedlungen mit einem gepflegten historischen Ortskern, der vom Kirchspielkrug, der Kirche mit Pastorat und der Alten Schule geprägt wird. Bovenau findet bereits 1240 urkundliche Erwähnung in Zusammenhang mit einer Kirchengründung, die die Siedlung zu einem Kirchdorf werden ließ. Über die Namensentstehung Bovenaus besteht keine Einigkeit. So mag sich der Name aus dem Niederdeutschen boven de Au – oberhalb der Au – ableiten. Aber auch der Kirchengründer Bovo, ein Ministerialer aus Bremen, gibt berechtigten Anlass, als Namensgeber zu fungieren: Denn im Wendischen steht Bovos Au für Bovos Ort. Erst als die Gutsbezirke Kluvensiek und Steinwehr 1929 aufgelöst wurden, kam es zur Bildung der Gemeinde Bovenau. Zuvor standen die Güter in der Verantwortung, die Verwaltung und Rechtsprechung wahrzunehmen und waren für alle sozialen Aufgaben, wie die Versorgung der Armen, das Gesundheitswesen und die Unterhaltung des Wegenetzes zuständig. Um 1773 gab es vier Schulen in Bovenau: für jedes adelige Gut - Georgenthal, Kluvensiek, Osterrade und Steinwehr – eine eigene. Die Alte Schule in Bovenau stammt aus dem Jahr 1850 und ist eines der ältesten Häuser der Gemeinde. Der eingeschossige Backsteinbreitbau mit reetgedecktem Krüppelwalmdach und halbrund übergiebeltem Dielentor wurde einst halbseitig kleinlandwirtschaftlich genutzt. Bis 1955 ist sie Dorfschule und Lehrerwohnung geblieben, danach wurde sie zum Küster- und Gemeindeschwesterhaus. Im Jahr 2000 erfolgte ein Umbau zu einem reinen Wohnhaus mit Einliegerwohnung. Sechs Jahre später erwarb ein Lehrerehepaar das Gebäude und sanierte es als Heim für seine junge Familie. Nun lässt es in den historischen Gemäuern die Aura jahrzehntelanger pädagogischer Arbeit im Privaten fortbestehen.

Februar – Alte Schmiede vom Hof Viehbrook, Rendswühren, Kreis Plön

Der Erlebnishof Viehbrook lässt die alten Zeiten wieder aufleben. Die Hofstelle, umgeben von Wald, Wiesen und Feldern im Herzen Schleswig-Holsteins, hat bereits im 17. Jahrhundert ihren Ursprung. Sie wurde nachweislich um 1875 erneuert und erweitert, um daraufhin als landwirtschaftlicher Betrieb mit Gastwirtschaft und Schmiede geführt zu werden. In dieser Sinn machenden Kombination, die heute vielerorts fröhlich Urständ feiert, wurde Viehbrook zum regionalen Versorgungs-, Dienstleistungs- und Kommunikationszentrum, das das damalige Landleben bereicherte. Der Bauernhof und seine Nutztierhaltung versorgte die umliegende Bevölkerung mit Lebensmitteln, die auch über die Gastwirtschaft in veredelter Form und gegen Aufpreis zur Verkostung angeboten wurden. Kutsch- und Ackerpferde erhielten neue Hufeisen in der Schmiede, die ihre Handwerkskunst für Metallarbeiten jeglicher Art darbot. Landmaschinen wurden gebaut, repariert und in Stand gehalten. Die zugehörige Stellmacherei, deren Handwerk im ganzen Land geschätzt und nachgefragt wurde, fertigte die Holzarbeiten in der Rad- und Wagenherstellung. Der Schmiedebetrieb beschäftigte neben zwei Schmiedemeistern je zwei Gesellen und Auszubildende. Mit zunehmender Industrialisierung und Fließbandfertigung hielt der technische Fortschritt auch auf dem Lande Einzug: Die Ackerpferde mussten effizienterer Landtechnik weichen. Ihrer Bedeutung beraubt, neigte sich die Blütezeit der Viehbrooker Schmiede in den 50er Jahren ihrem Ende zu. Damit entfiel auch die notwendige Frequenz an Kundschaft, um die Gaststätte überlebensfähig zu halten. Gut vierzig Jahre später war dieses Los auch dem landwirtschaftlichen Betrieb beschieden, der 1990 aufgegeben wurde. Die Hofstelle diente danach nur noch wohnlichen Zwecke. Heute wird sie von Familie Voss wieder zu neuem Leben erweckt. Mit seinen 14 Hektar angrenzenden Landflächen umfasst der Betrieb das große Hauptgebäude mit Wohnräumen, Stallflächen und einer großen alten Diele sowie den ehemaligen Strohböden im Obergeschoß. Neben der historischen Schmiede mit ihrer originalen Ausstattung an Maschinen und Arbeitsgeräten zählt auch ein kleines altes Backhaus zum Hofensemble, das 2008 unter Denkmalschutz gestellt wurde und seitdem als eingetragenes Kulturdenkmal des Landes gilt. Derzeit befindet sich der Hof im Umbau und soll seinen ursprünglichen typischen Charakter zurück erhalten.

März – Schloss Glücksburg, Kreis Schleswig-Flensburg

Eindrucksvoll und erhaben präsentiert sich das Wasserschloss Glücksburg dem Besucher. Es lässt Ehrfurcht entstehen vor der jahrhundertelangen europäischen Historie, die mit ihm verbunden ist. Auch kunsthistorisch gesehen zählt es zu den bedeutendsten Schlossanlagen Nordeuropas und – als Stammsitz der Glücksburger Herzöge – zugleich zu den wichtigsten norddeutschen Residenzen. Zeitweilig regierten die Könige Dänemarks von hier aus ihr Reich. Zwischen 1583 und 1587 ließ Herzog Johann „der Jüngere“ zu Schleswig-Holstein-Sonderburg (1545-1622) das Schloss von Baumeister Nikolaus Karies am nördlichsten Teil des heutigen deutschen Festlandes an der Ostseeküste errichten. Es entstand unmittelbar in der Nähe der Ruine des mittelalterlichen Rudeklosters, das bis zur Reformation vom Zisterzienserorden geführt wurde. Das noch nutzbare Baumaterial wurde abgetragen und für das neue Schloss wiederverwendet: Die Granitquader der alten Klosterkirche dienten als Schlossfundament, die Ziegelsteine für den weiß verputzten Backsteinbau. Das einstige Klostergelände wurde über die Munkbrarupau geflutet und zu einem großen Schlossteich aufgestaut. Namensgebend war der Wahlspruch des Erbauers „Gott gebe Glück mit Frieden“, dessen Anfangsbuchstaben: G G G M F gemeinsam mit dem herzoglichen Wappen das Eingangsportal zieren. Seit 400 Jahren ist Glücksburg im Familienbesitz des Hauses Schleswig-Holstein, dessen Linien sich wie die der skandinavischen Königshäuser auf das Stammhaus Oldenburg zurückführen lassen und mit allen europäischen Dynastien verwandtschaftlich verbunden sind. 1906 brachte die Familie das Schloss, das einen enormen Unterhaltungs- und Restaurierungsbedarf hatte, in einen Nachlass ein, der 1923 in die Stiftung Schloss Glücksburg überführt wurde. Der mittlerweile gemeinnützigen Stiftung steht das heutige Familienoberhaupt Christoph Prinz zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg vor. Es ist ihm gelungen, weitere finanzielle Unterstützer für die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen zu gewinnen, die für den Erhalt des einzigartigen Kulturdenkmal zwingend notwendig waren. Seither erstrahlt das Renaissanceschloss, das als Museum die bewegte Geschichte auf besondere Weise lebendig werden lässt, in altem Glanz.

April – Ehemaliger Marschhof in Averfleth, Neuendorf, Kreis Steinburg

Dort, wo die alte Marsch in das erst spät besiedelte hohe Moor übergeht, das die Wilstermarsch seit jeher von Dithmarschen trennt, schmiegt sich das Dorf Averfleth an die nördlichen eingedeichten Ufer der Wilsterau. In dieser eindrucksvoll flachen Landschaft um Neuendorf mussten die Menschen früher stets gegen das übermäßige Wasser ankämpfen, denn nur unweit von Averfleth entfernt befindet sich die mit 3,54 Meter unterm Meeresspiegel tiefste Landesstelle Deutschlands. Uralte Deiche – wie der Moordeich und der Borlboom - schützten die Niederungslandschaft vor Abflüssen aus dem Moor. Zahlreiche Windmühlen aus der Zeit, als Holländer sich hier niederließen und die Marsch für Viehzucht und Ackerbau urbar machten, sorgten über Jahrhunderte für die Entwässerung der Böden, bis sie um 1910 von modernen dampfbetriebenen Schöpfwerken abgelöst wurden. Die landwirtschaftlichen Gehöfte, meist Fachhallenhäuser, wurden auf Warften gestellt, um Sturmfluten und Hochwasser zu entgehen. Der prächtige Hornhof steht auf so einer Warft und mag seine Ursprünge in der Zeit deutlich vor 1802 haben, als er als drittes Haus in den Annalen der Neuendorfer Brandbaugilde Elmshorn genannt wird. 1972 erwarb die Familie Koch aus Itzehoe das stark sanierungsbedürftige Anwesen mit einer Restfläche von einem Hektar vom Landwirt Horn, der es nicht mehr halten konnte und das zugehörige Land verpachtete. Die Kochs waren lange auf der Suche gewesen nach einem Wochenenddomizil für sich und ihre vier Kinder, das ausreichend Erholung bieten sollte, ohne zu weit von ihrem Unternehmen entfernt zu sein. In enger Zusammenarbeit mit der örtlichen Denkmalbehörde und dem Architekt Horst Looft aus Herzhorn haben sie das Gebäude über die Jahre mit viel Liebe und zeitlichem wie finanziellem Einsatz Stück für Stück originalgetreu restauriert und so wohnlich gemacht, dass sie sich 1985 entschieden, ganz dorthin überzusiedeln. Dem modernisierten Haus blieb sein landschaftsprägender Charakter als Kulturdenkmal voll erhalten. Es findet durch den wunderschön angelegten Bauerngarten mit Buchsbaumhecken und vielfältigem Baumbestand eine würdige Ergänzung.

Mai – Ehemalige Hofstelle in Quern, Kreis Schleswig-Flensburg

Das ehemalige Angeliter Bauernhaus in Quern-Neukirchen wird als jütisches Wandständerhaus bezeichnet, ein Bautyp, der im 13. bis 15. Jahrhundert von der dänischen Halbinsel Jütland bis an die Eider verbreitet war. Bei diesem Ständerbau, auch Geschossbau oder Säulenbau genannt, reichen die Wandständer durchgehend von der Schwelle bis zum Traufrähm. Das Bauernhaus ist mit Reetdach und Knüppelfirst versehen – das sind Hängehölzer aus Eiche, die scharnierartig über den First gelegt werden. Das kombinierte Wohn- und Wirtschaftsgebäude gehörte einst zu einem rund 40 Hektar großen Hof und wurde 1787 von Johann Hinrich Beck in Ziegelbauweise errichtet. 1880 wurde es um ein Fach auf 21 x 7,8 Meter verkürzt, die Gründe hierfür sind nicht bekannt. 1930 übernahm Ludwig Christian Asmussen das Bauernhaus und richtete dort eine Poststelle und einen Friseursalon ein. Die Unterhaltung des Hauses wurde in den vergangenen Jahren stark vernachlässigt. Eine umfassende Sanierung sowohl der Außenhaut als auch des Innenbereiches war unumgänglich, um den drohenden Verfall aufzuhalten. Als Retter in der Not erwies sich ein Hamburger Ehepaar, das ein Wochenendhaus für die sechsköpfige Familie suchte und sich 2007 zum Kauf des Anwesens entschloss. Es sanierte unter fachlicher Aufsicht der Architekten Claudia Litzki und Matthias Jürgensen aus Kalleby das einfache und regionaltypische Kulturdenkmal von Grund auf, restaurierte die alte erhaltene Ofenstelle originalgetreu, indem sie das alte Mauerwerk frei legte, erneuerte Fensterflügel nach altem Vorbild und arbeitete die bestehenden Türen auf, verfugte das Ziegelmauerwerk mit Muschelkalk neu und deckte das Dach mit frischem Reet. Die neue Garage als Nebengebäude wurde dem Stil des Haupthauses angepasst. Obwohl die Familie nur ihre Freizeit hier verbringt, pflegt sie aktiv die Dorfgemeinschaft und fühlt sich fern vom Großstadtgetümmel wunderbar aufgehoben im Angeliter Land.

Juni – Torhaus von Gut Krummendiek in Kleve, Kreis Steinburg

Im Jahr 1480 findet der Ortsname Kleve erstmals urkundliche Erwähnung. Der Name leitet sich von ‚Klippe‘ ab und umschreibt den hohen Geestrand zur tiefer gelegenen Wilstermarsch. Die Gemeinde Kleve liegt etwa acht km westlich von Itzehoe und beheimatet die Güter Krummendiek und Kleve, was oft zu Verwechselungen führt: Das Gut Krummendiek ist ein Gutshof, der sich bis Mitte des 18. Jahrhunderts in der heutigen Gemeinde Krummendiek befand. Nach dessen Abriss wurde ein neues Herrenhaus in der heutigen Gemeinde Kleve errichtet, das wiederum zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch einen Neubau, bekannt als Schloss Krummendiek, ersetzt wurde. Es ist nicht identisch mit dem Gut Kleve. Das Gut Krummendiek am krummen Deich der Bekau – daher der Name – stammt aus dem 13. Jahrhundert, wenn nicht gar früher. 1227 erhielt Hartwig Busche de Crummendike von Graf Adolf IV. von Holstein das umliegende Land samt Siedlung als Lehen zugesprochen. 1402 wurde es an die Rantzaus veräußert, andere holsteinische Adelsgeschlechter folgten als Besitzer. 1720 erwarb Generalmajor Christian Ludwig von Hammerstein das Gut, das 1744 an den Lüneburgischen Geheimlegationsrat Heinrich von Meurer weiter veräußert wurde. Er ließ den bisherigen Meierhof abreißen und einen neuen Herrensitz errichten, der wegen Baufälligkeit durch einen Neubau 1812 ersetzt wurde. 1899 gelangte das Gut von der Familie Meurer an die Familie Holst, in deren Besitz es bis heute verblieben ist. Es umfasst nun 117 Hektar Land, überwiegend Grünland, das über die Milchviehhaltung mit rund 80 rotbunten Kühen genutzt wird. Das Gutshaus mit Scheune und Torhaus steht unter Ensembleschutz und wurde kürzlich teilsaniert.

Juli – Ehemaliger Angeliter Bauernhof in Markerup, Husby, Kreis Schleswig-Flensburg

Die Landschaft Angeln nördlich der Schlei hat ihren besonderen Zauber. Mit ihren zahllosen Knicks, bunten Feldern und üppigen Weiden, auf denen über Sommer die zierlichen rehbraunen Angeliter Rinder grasen, zieht sie Besucher von nah und fern in ihren Bann. Nicht wenige von ihnen haben die kleinen Katen und ehemaligen Hofstellen besiedelt, um sie als Wochenendhaus zu nutzen oder sogar ganz in diese besondere Idylle umzuziehen. Viele der prachtvollen Gehöfte werden nicht mehr landwirtschaftlich genutzt, so auch der Bauernhof in Markerup, der sich im Norden Angelns unweit von Flensburg entfernt in der Gemeinde Husby befindet. Er stammt wohl aus der Zeit um 1860, war ein ortstypischer Gemischtbetrieb von rund 40 Hektar mit 20 Milchkühen und wurde 1904 von seinem Besitzer Johannes Hein wegen Überschuldung an den Landwirt Ernst Clausen verkauft, dessen Familie bereits seit 1700 im Ort ansässig war. Dieser verstarb früh, der Hof wurde verpachtet, bis sein Sohn Heinrich 1935 die Nachfolge antreten konnte. Doch auch ihn traf dasselbe Schicksal seines Vaters. Er fiel 35-jährig im Krieg, seine Witwe rettete sich und die Familie durch die schwere Zeit, bis ihr Sohn Ernst, der heutige Besitzer, 1962 den Hof übernehmen konnte. Clausen baute den Betrieb kontinuierlich aus, vergrößerte die Betriebsfläche durch Zupacht für mehrere Jahre auf 160 Hektar und investierte danach in eine moderne Sauenhaltung, um für sich und seinen Sohn die landwirtschaftliche Zukunft zu sichern. Erneut schlug das Schicksal zu: Ein Krankheitsfall machte alle Pläne zunichte, der Betrieb wurde 1994 aufgegeben, das große Wohnhaus mit Garten aber ist das Zuhause der Familie geblieben, das nach wie vor liebevoll gepflegt und gehegt wird.

August – Wassermühle auf Hof Manhagen in Langwedel, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach – frisch restauriert und voll funktionsfähig dreht sich das große Wasserrad am südlichen Ende des Pohlsees, der auch Manhagener See genannt wird. Mit starker Eichenwelle sorgt das mächtige Mühlenrad – 1,4 Meter breit mit einem Durchmesser von über vier Metern – unterschlächtig für den Antrieb, d.h. das aufgestaute Wasser des Pohlsees trifft etwa im unteren Drittel des Rades auf die Schaufeln. Die Mühle schickt das verbrauchte Wasser gute hundert Meter weit durch eine Schlucht und durch sumpfige Wiesen bis hin zum Brahmsee. Sie ist die einzige funktionstüchtige Wassermühle dieser Bauart in ganz Schleswig-Holstein. Das seltene Zeugnis alter Mühlentechnik wurde zwischenzeitlich zum besonders schützenswerten Kulturdenkmal deklariert. Der Hof Manhagen, 82 Hektar groß und im Besitz von der Familie Hoof, wird heute zu einem extensiv und ökologischen Betrieb augebaut und soll in Kooperation mit der Arche Warder betrieben werden. Er gehörte früher als Meierhof, der später auch zum Gut avancierte, zum Gut Deutsch-Nienhof. Die ursprüngliche Manhagener Wassermühle entstand im Jahre 1575 unter der Gutsherrschaft von Thönnis Rantzau als roter Backsteinbau mit Pfannendach und zwei Mahlgängen. Er schloss sich an ein sogenanntes Aalwehr an, ein steinernes Wehr mit einer Vertiefung in der Mitte, in der ein Netz zum Aalfang angebracht war. Die Wassermühle, stets von Pächtern bewirtschaftet, fiel zweieinhalb Jahrhunderte später einem Brand zum Opfer und wurde 1840 wieder aufgebaut. Sie war lange ihrer Funktion beraubt und über Jahre stillgelegt, als sich ihr heutiger Besitzer entschloss, eine grundlegende Instandsetzung einzuleiten. Wasserrad, Wasserlauf, Rechen, Stauschotten und Brücke wurden saniert. Die Inneneinrichtung des stark baufälligen Mühlengebäudes hingegen litt zwar unter starkem Holzschädlingsbefall, war aber noch nahezu vollständig erhalten. Nun ist Wassermühle in alter Pracht wieder auferstanden und eine wahre Bereicherung des landwirtschaftlichen Kultur

September – Kate auf Gut Stendorf, Kasseedorf, Kreis Ostholstein

Die „schwarze Kate“ auf Gut Stendorf scheint ihrem Namen auf den ersten Blick kaum gerecht zu werden, leuchtet sie doch im strahlenden Weiß den Passanten entgegen. Sie bildet eine Ausnahme innerhalb der dort vorherrschenden Backsteinbauweise. Beim näheren Betrachten tritt mehr das schwarz gestrichene Fachwerk in den Vordergrund, das die weiß geschlämmten Ausfachungen kontrastreich umsäumt. Es mag ihre Funktion als Rauchhaus gewesen sein, die namensprägend gewesen ist, als die Kate 1726 als Wohnstätte für die Dienstboten errichtet wurde, die auf dem Gut ihrer Arbeit nachgingen. Die Reetdachkate von 120 qm Grundfläche ist seit 1997 in Privatbesitz ihrer jetzigen Bewohner, die dem Charme des sehr alten Kulturdenkmals erlegen sind, das als prägendes Gebäude innerhalb des Gesamtgutensembles gilt. Das Gut Stendorf liegt fernab der belebten Straßen nördlich von Eutin und grenzt westlich an den 54 Hektar großen gleichnamigen See, der in Ost-West-Richtung von der Schwentine durchflossen wird. Das Gut fand bereits im 14.Jahrhunderts als Brockdorffsches Eigentum urkundliche Erwähnung. Sein Name leitet sich ursprünglich von Steendorpe, hochdeutsch Steindorf, ab. Als adliges Gut unterstand es von 1654 bis 1928 gemeinsam mit den Gütern Mönchneversdorf und Lensahn dem sogenannten Fideikommiss. Es durfte als Familienbesitz der Oldenburger Großherzöge weder veräußert, noch geteilt werden und war daher verpachtet, bis es 1931 vom Hamburger Kaufmann Marius Böger erworben wurde. Gut 60 Jahre später kaufte die Gelsenkirchener Unternehmersfamilie Herzog das Anwesen, das heute als reiner Ackerbaubetrieb geführt wird. Zwischenzeitlich sind auch die Güter Johannistal bei Heiligenhafen und Weißenhaus bei Oldenburg mit in Bewirtschaftung. Die bis heute nahezu vollständig erhaltene Gesamtanlage aus Gut und Dorf steht seit 1985 unter Denkmalschutz.

Oktober – Götzberger Mühle, Henstedt-Ulzburg, Kreis Segeberg

Weithin sichtbar reckt sich östlich von Henstedt-Ulzburg im Ortsteil Götzberg eine Attraktion besonderer Art aus der Landschaft empor, die allein am Deutschen Mühlentag zu Pfingsten Jahr für Jahr über 1500 Besuchern anlockt: die Götzberger Windmühle. Sie ist das voll funktionsfähige Wahrzeichen der Region. Der denkmalgeschützte Kellerholländer mit Windrose und Jalousieflügeln stellt eine Sonderform des Erdholländers dar. Der Mühlensockel kann durchfahren werden, um die Mehl- bzw. Getreidesäcke über die mühleneigene Hebevorrichtung auf- und abzuladen. 1877 hatte sie der Wakendorfer Zimmermann Möller auf dem höchsten Punkt Götzbergs errichtet, damit sie, hoch im Wind stehend, ihre Mahltätigkeit optimal verrichten konnte. 1879 übernahm Müllermeister Marx Schlüter die Mühle, die bis heute in dessen Familie verblieben ist. Dabei war die Zukunft dieses Schmuckstücks traditioneller Mühlenarchitektur noch vor sechs Jahren, als ein Sturm Dach und Flügel schwer beschädigte, alles andere als sichergestellt. Zwar waren Dach und Gebäude versichert, die Prämien für die Flügel überstieg jedoch die finanziellen Möglichkeiten der Eigentümer. Denn so viel Geld mit der Mühle zu verdienen wie früher, als es zum Lebensunterhalt ebenso reichte wie für alle anfallenden Reparatur- und Unterhaltungsmaßnahmen, diese Zeit war lange vorbei. Es ist engagierten Bürgern des Ortes zu verdanken, dass die Mühle sich weiterhin im Wind dreht und den vielen Besuchergruppen, hauptsächlich Schüler und Schülerinnen, ihre drei Mahlgänge präsentiert. Sie haben zusätzliche Gelder für die zwingend notwendigen Sanierungsarbeiten einwerben können, die die Eigner allein aufzubringen nicht mehr in der Lage waren, und 2004 einen Förderverein ins Leben gerufen, der inzwischen 120 Mitglieder umfasst. Nur so war die Instandhaltung von Flügeln, Kappe und Mahlgängen möglich. Seitdem tragen diese Mühlenliebhaber mit viel ehrenamtlichem Engagement und reichlich Herzblut dafür Sorge, dass die Mühle funktionstüchtig und für die Allgemeinheit erhalten bleibt. Es wird gereinigt, geölt und geschmiert, um die 133 Jahre alte Technik gangbar zu halten und vom Staub zu befreien, der reichlich beim Demonstrationsmahlen entsteht. Als nächstes Projekt, für das fleißig gesammelt wird, ist vorgesehen, das rund 70 Jahre alte, einzig in Schleswig-Holstein erhaltene elektrische Wülfel-Getriebe wieder in Gang zu setzen, um unabhängig vom Wind mahlen zu können.

November – Torhaus vom Gut Klein Nordsee, Felde, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Wer vermutet, das Gut Klein Nordsee stünde in Beziehung zum gleichnamigen Meer, der irrt. Noch 1375 wurde es als das Gut zum Achterwehre bezeichnet. Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts erhielt es – noch in Einheit mit dem heutigen Gut Groß Nordsee – seinen jetzigen Namen. Womöglich war es die Lage westlich der Eider zwischen dem Nordsee, wie der heutige Flemhuder See einst genannt wurde, und dem Westensee, die den Ausschlag gab. Als erste Besitzer im 13. Jahrhundert gelten die Herren von Norce, wahrscheinlich aus dem Geschlecht der Ahlefelds. Achterwehr, also hinter dem Wehr, bezieht sich auf den jenseits der Eider im Osten gelegenen Ort, der früher ebenfalls zum Gut gehörte. Das Wehr bezeichnet daher keinen Staudamm, wie vermutet werden kann, sondern eher einen alten Rittersitz, der als wehrhafte Befestigungsanlage gegen die östlichen Wendenvölker diente mit der Eider als Grenzfluss. Überlieferungen dazu gibt es aber nicht. 1894 erbaute Arnold Fritze das große Torhaus des Gutes und ersetzte damit ein früheres, das wie das heutige über einen geschichtsträchtigen Glockenturm verfügte: Am 17. Mai 1667 wurden zwei Frauen auf dem Gut als Hexen verurteilt und bei lebendigem Leib verbrannt, weswegen Gutsherr Claus v. Ahlefeld 1669 die noch heute im Turm des Torhauses befindliche Glocke stiftete. 1939 gelangte das Torhaus in den Besitz der Familie Leinau, die es 2002 je zur Hälfte an den Arzt Dr. Otto Beckmann und dem Kinder- und Jugendhilfeverbund e.V. (KJHV) veräußerte. Sein Sohn Wolfgang Beckmann, Leiter der stationären Wohnstätte für geistig behinderte Menschen ‚Torhaus Klein Nordsee‘ kennt die dortigen Örtlichkeiten von Kindesbeinen an. Der begeisterte Reitsportler hat seit langem seine Pferde dort untergebracht und endlos häufig hoch zu Ross die schöne Umgebung erkundet. Als das Torhaus zum Verkauf stand, hat er kurzentschlossen zugegriffen und vereint nun seine berufliche Tätigkeit mit seinem Privatdomizil unter einem Dach.

Dezember – Angeliter Landarbeiterkate in Grödersby, Kreis Schleswig-Flensburg

Grödersby an der Schlei wird bereits um 1230 urkundlich erwähnt und war durch seine Burganlage, deren Rudimente noch heute erkennbar, aber nicht öffentlich zugänglich sind, von besonderer strategischer Bedeutung. Alte holsteinische Adelsgeschlechter, wie die von Spliet, von Pogwisch und von Sehestedt, werden als Eigner genannt. 1406 wurde Grödersby an die dänische Königin übertragen, die ihrem Namen schwarze Margaret vollends gerecht wurde, als sie die Burg noch im selben Jahr niederbrennen ließ und ihren Wiederaufbau verhinderte. Um sich das Wohlwollen der Geistlichkeit zu erkaufen, übereignete sie den zugehörigen Grundbesitz dem Domstift zu Schleswig, der ihn in eine Vogtei zusammenfasste. Nach deren Auflösung im Jahr 1777 wurde Grödersby der Schliesharde – zu hochdeutsch Schleiharde, die nordische Bezeichnung für einen unteren Verwaltungsbezirk – zugeordnet. Aus dieser Zeit stammt wohl auch die Landarbeiterkate aus Fachwerk mit roten Ziegeln und reetgedecktem Dach. Sie wurde Ende 2005 aus einer Zwangsversteigerung heraus von Oliver Göritz erworben und grundsaniert, um sie , anders als viele Wochenendbewohner in der Umgebung, als ständigen Wohnsitz für sich und seine Familie zu nutzen. Er ließ das einfache Kulturdenkmal in enger und harmonischer Zusammenarbeit mit der unteren Denkmalbehörde fachgerecht entkernen und die Gebäudehülle in ihrem Urzustand wieder herrichten, wobei er selbst kräftig mit Hand anlegte. Neu hinzugekommen sind die Gauben an der Gartenseite, die Licht in die oberen Wohnräume bringen sollen, wobei die größte von ihnen den Fluchtwegverordnungen des Brandschutzes entsprechen musste und daher nach dem Geschmack des Eigners etwas überdimensioniert ist. Während das Innere des Gebäudes heute keinen Wunsch hinsichtlich modernstem Komfort eines neuzeitlichen Energiesparhauses offen lässt, wirkt das beschauliche Äußere wie ein wohl behütetes Relikt aus längst vergangener Zeit.